Aktuelles
Münsters Politprominenz jubelt. 20 Millionen aus dem Bundesprogramm KulturInvest für den Musik-Campus! Verschwiegen haben die Strategen in Bund und Kommune, dass für eine Zuteilung der Förderung sehr hohe Hürden zu überwinden sind:
- die Gesamtfinanzierung muss gesichert sein
- es muss ein erhebliches Bundesinteresse nachgewiesen werden
- es muss ein nachvollziehbares sowie tragfähiges Betriebs/Nutzungskonzept vorliegen.
Genau diese Knackpunkte des Projekts schiebt die Verwaltung seit Jahren ungelöst vor sich her. Das größte Problem: eine gesicherte Finanzierung setzt zunächst eine gesicherte Kostenplanung voraus. Die Aktualisierung der Schätzung vom Mai 2022 würde mit Sicherheit auf über 500 Millionen ansteigen. Mit den 20 Millionen von KulturInvest wären dann immerhin schon 4% der Kosten abgedeckt. Glückwunsch!
In einer Kolumne der Digitalzeitung RUMS legt Michael Jung den Verlauf der städtischen Planung für das Stadthaus IV detailliert dar. Kaum zu glauben, welche Fehler sich aneinandergereiht haben. Auch die möglichen Motive der Handelnden werden von Jung schlüssig analysiert.
Wegen der Folgekosten der Energiepreis-Krise befürchtet NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) Abstriche bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags. Der Nachtrag für das laufende Haushaltsjahr werde nur erlauben, zwingende Ausgaben abzubilden. „Der Handlungsspielraum, neue Dinge umzusetzen, die wir für wichtig hielten, ist sehr gering bis null“.
Was bedeutet das für den MC? Beim Musik-Campus sind 130 Millionen des Landes für den Musikhochschulneubau und den sogenannten Kulturbau (Konzert- bzw. Kongresssaal) eingeplant. Sind diese Millionen wirklich noch für Münster abrufbar? Sie sind laut Ratsbeschluss vom 18.5.2022 Voraussetzung für die kommunale Mitfinanzierungszusage der Stadt.
In einem einstimmigen Beschluss plädieren die Kulturfachleute der Grünen für diesen politischen Schritt. Sie sehen eine zwingende Parallele zum Beschluss beim Stadthaus 4. Die Kostensteigerungen bei allen städtischen Bauvorhaben legen nahe, dass es sich beim Musik-Campus inzwischen um ein Projekt von mindestens einer halben Milliarde € handelt und möchten verhindern, dass auch hier Millionen bei einer Planung verschwendet werden, die bald obsolet sein könnte. Beim Stadthaus 4 sind bereits 8,5 Mio € in die Planung geflossen.
Die Verwaltung hat die Reißleine gezogen und dem Rat der Stadt ein Moratorium bis Ende 2024 für das Stadthaus 4 vorgeschlagen. Nach neuen Berechnungen würde das Bauprojekt Kosten von 115 Millionen € verursachen. Ursprünglich waren 56 Millionen € dafür vorgesehen. Die Verwaltung soll die kommenden Monate nutzen, um die bestehenden Bürobedarfe und Kapazitäten umfassend zu überprüfen und unter anderem das Potenzial für mehr home-office-Arbeitsplätze ausloten, so heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt.
Der Bau des Vorzeigeprojekt Mathilde-Anneke-Gesamtschule verzögert sich nach vielen Pannen erneut. Ist es in seiner Komplexität für die Stadt vielleicht eine Nummer zu groß? Mehrkosten von 8,6 Mio. Euro werden von der Verwaltung veranschlagt. Geschätzte Gesamtkostenschätzung derzeit 78 Mio Euro.
Aber beim Musik-Campus wird so etwas nicht passieren. Ist ja nicht so komplex wie eine Gesamtschule.
Der Rat fordert die Verwaltung auf, Mitte 2023 über den Stand ihrer Bemühungen um weitere Finanzmittel zu informieren. Bis Mitte 2024 müssen Verwaltung und Uni zwei Drittel der 65 Mio Euro an Sponsoren- und Fördergeldern für den Musik-Campus eingesammelt haben.
Derweil bleibt den Musikakteur*innen nichts anderes übrig, als abzuwarten. Alternativen dürfen nicht ins Gespräch kommen, denn sie wären nach Meinung der Verwaltung förderschädlich bei der Beantragung von Mitteln. Das bedeutet für Musikhochschule, Westfälische Schule für Musik und das Sinfonieorchester: prekäre Raumsituation, und gesundheitsschädliches Proben im Theater. Temporäre Lösungen wären sicher noch schädlicher,. Nicht zum ersten Mal würde ein gutes Provisorium sich vielleicht als bessere Lösung herausstellen.
Die Initiative der freien Kulturszene Münster, moNOkultur e.V., hat sich in einer Stellungnahme klar gegen die Errichtung des Musik-Campus ausgesprochen. Sie führt vor allem drei Gründe an.
Wie alles kam, und wie es mit dem Musik-Campus weitergehen wird:
hier eine brillante und scharfsinnige Analyse von Michael Jung, der den Politikstil von Markus Lewe seit Jahren aus nächster Nähe beobachtet hat und in dieser Kolumne der Onlinezeitung RUMS charakterisiert.
Michael Jung (SPD) war bei der letzten Wahl Lewes direkter Gegenkandidat. Sein Text sollte Pflichtlektüre für alle münsterschen Kommunalpolitiker*innen sein. Sie müssen schließlich wissen, was sie tun.
Der Rat stimmt ab über den Änderungsantrag zur Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters. Dieser hatte sich mit dem Satz:"Wer jetzt noch rationale Argumente gegen den Musik-Campus sucht, hat kein Herz" endgültig als Verwaltungschef der Stadt disqualifiziert. Stimmungsmache statt sachorientierter Entscheidung - das wird wenige überzeugen. Die Westfälischen Nachrichten mobilisieren zwar noch einmal alle untauglichen Argumente für das Projekt, können aber auch nicht verheimlichen, dass die Finanzierung alles andere als gesichert ist. Die 15 Punkte des Änderungsantrags sind laut Albert Wenzel (Grüne) ein "Realitätscheck". Der tut auch bitter not. Das Gespenst "Haushaltssicherung" erscheint bereits am Horizont. Und die ist für niemanden lustig, schon gar nicht für das Kulturleben der Stadt.