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Der Rektor hält also eine Zusage des Landes für den Bau der neuen Musikhochschule bis zum Ablauf des Ultimatums Weihnachten 2024 für unrealistisch. Das ist sie auch, allerdings! Aber warum spielt Dr. Wessels nicht mit offenen Karten? Die wahren Gründe für seine Einschätzung kennt er doch genau. Der neue Masterplan für den Hochschulbau NRW vom April 2024 sieht zunächst ein Pilotprojekt für die Clusterfinanzierung vor. Erst nach Evaluation des Probelaufs kann es dann für die anderen Hochschulen weitergehen. Wir ahnen es schon, darüber gehen Jahre ins Land. Und nach Bewilligung der Globalmittel entscheidet das Rektorat mit seinen sechs Mitgliedern über die Prioritäten bei der Verteilung. Ob die Prorektoren dann wohl alle den Musik-Campus wichtiger finden als den Mathe-Campus?
In einem Brief an den Oberbürgermeister macht Dr. Wessels seinem Unmut Luft: „Die Folgen einer derart kommunizierten Erwartungshaltung der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, SPD, Volt und FDP gegenüber dem MKW ist unserer Auffassung nach für das Projekt und die daran Beteiligten nicht dienlich. ... Die Universität hat dem Stadtrat keinen Anlass gegeben, an den bisher getätigten Aussagen zu zweifeln." Da unklar ist, ob die Gelder der Uni auch noch für die Musikhochschule ausreichen werden (sie hat offenbar nicht die höchste Priorität), erklärt der Rektor: „Eine Zusage des Landes bis zum Ende des Jahres halte ich vor diesem Hintergrund für unrealistisch“. Laut Bedingung aus dem Änderungsantrag wäre der Musik-Campus damit Geschichte.
Es rumort zwischen den Partnern Stadt und Universität. Der Rat sollte beschließen, den 360.000 € teuren städtebaulich-freiräumlichen Wettbewerb auszuloben. In einem Änderungsantrag wollten Ratskoalition plus FDP dafür eine Bedingung mit Fristsetzung stellen: Der Rektor wird in dem Änderungsantrag aufgefordert, schriftlich bis Jahresende zu bestätigen, dass die Landesmittel von 130 Mio € für den Neubau der Musikhochschule und die anteiligen 20 Mio € für den Kulturbau tatsächlich zur Verfügung stehen. Offensichtlich gab es begründete Zweifel an der bisherigen Zusage. Um dieses Ultimatum zu verhindern, das möglicherweise das Aus für das Gesamtprojekt bedeuten könnte, nahm der Oberbürgermeister noch am Morgen der Ratssitzung den Punkt von der Tagesordnung und verschob ihn in den Oktober.
In einer Presseerklärung titelt die münsterschen SPD zum Musik-Campus: Rektor Wessels macht sich zum Wasserträger des scheiternden Oberbürgermeisters. Weiter heißt es:
„Langsam muss man sich fragen, ob es den Verantwortlichen rund um den Oberbürgermeister und das Rektorat noch um die musikalische (Hochschul-)Bildung und Kultur in unserer Stadt geht, oder nicht längst das eigene politische Erbe im Vordergrund steht“, reagiert Lia Kirsch, Fraktionsvorsitzende der SPD im Stadtrat, scharf auf die aktuelle Stellungnahme zur anstehenden Auslobung des städtebaulichen Wettbewerbs für den Musik-Campus. ...
„Wir sehen alle, dass die Landesregierung gerade massiv Projekte zusammenstreicht. Niemand möchte vor dem Hintergrund bezweifeln, dass der Rektor die Musikhochschule als prioritär ansieht. Wenn aber selbst in seiner Stellungnahme kein Wort zu den 20 Mio. Landesbeteiligung am gemeinsamen Kulturbau fällt, gleicht dies einem Offenbarungseid, welche Erfolgsaussichten die Universität für den Erhalt der notwendigen Mittel sieht".
Der Kulturausschuss sollte eigentlich den innerhalb eines "Masterplans" vorgesehenen städtebaulich-freiräumlichen Wettbewerb abstimmen und in der Ratssitzung am 19.6. beschließen. Vom OB unbeantwortete Fragen der Parteien hatten zu der Absage geführt.
Grund wieder einmal: die lieben Finanzen. Bisher ist weder sicher, ob die 20 Millionen € vom Bundesprogramm KulturInvest kommen (nach den Bedingungen eher nicht, selbst Svenja Schulze beschleichen Zweifel), noch ob das Land die 115 Millionen € für eine neue Musikhochschule spendieren wird.
In der RUMS vom 14.6. kann man lesen:
Auf die Frage, was die Stadt machen werde, wenn das Geld wegfalle, schreibt Lewe: „Die Stadt Münster und die Universität Münster halten an dem Konzept Musik-Campus fest.“ Das Projekt weiter zu planen, sei „aus Sicht der Verwaltung essenziell“.
Um das Projekt weiter zu planen, wäre eine Antwort auf die Frage, woher man das fehlende Geld dann nehmen könnte, ebenfalls essenziell. Diese Frage beantwortet Lewe allerdings nicht.
Der Rat hat mit Mehrheit den Änderungsantrag der Ratskoalition beschlossen. Wichtige Änderungen in Stichworten:
- der Kulturbau wird auf den St. Nimmerleinstag verschoben, da die erforderlichen Drittmittel vom Oberbürgermeister offensichtlich nicht akquiriert werden können. Die CDU hält weiter an der Konzert/Kongresshalle fest.
- die Musikhochschule (Bauherr der BLB) und die Westfälische Schule für Musik (Bauherr noch unbekannt) sollen an der Hittorfstraße gebaut werden, ebenso Flächen für die Probenarbeit des Sinfonieorchesters und für die Freie Szene. Dabei werden die Flächen der Musikschule erneut reum 23 Prozent reduziert. Von 2020 ursprünglich vorgesehenen 3000 qm auf jetzt 1.800 qm
Münsters Politprominenz jubelt. 20 Millionen aus dem Bundesprogramm KulturInvest für den Musik-Campus! Verschwiegen haben die Strategen in Bund und Kommune, dass für eine Zuteilung der Förderung sehr hohe Hürden zu überwinden sind:
- die Gesamtfinanzierung muss gesichert sein
- es muss ein erhebliches Bundesinteresse nachgewiesen werden
- es muss ein nachvollziehbares sowie tragfähiges Betriebs/Nutzungskonzept vorliegen.
Genau diese Knackpunkte des Projekts schiebt die Verwaltung seit Jahren ungelöst vor sich her. Das größte Problem: eine gesicherte Finanzierung setzt zunächst eine gesicherte Kostenplanung voraus. Die Aktualisierung der Schätzung vom Mai 2022 würde mit Sicherheit auf über 500 Millionen ansteigen. Mit den 20 Millionen von KulturInvest wären dann immerhin schon 4% der Kosten abgedeckt. Glückwunsch!
In einer Kolumne der Digitalzeitung RUMS legt Michael Jung den Verlauf der städtischen Planung für das Stadthaus IV detailliert dar. Kaum zu glauben, welche Fehler sich aneinandergereiht haben. Auch die möglichen Motive der Handelnden werden von Jung schlüssig analysiert.
Wegen der Folgekosten der Energiepreis-Krise befürchtet NRW-Finanzminister Marcus Optendrenk (CDU) Abstriche bei der Umsetzung des Koalitionsvertrags. Der Nachtrag für das laufende Haushaltsjahr werde nur erlauben, zwingende Ausgaben abzubilden. „Der Handlungsspielraum, neue Dinge umzusetzen, die wir für wichtig hielten, ist sehr gering bis null“.
Was bedeutet das für den MC? Beim Musik-Campus sind 130 Millionen des Landes für den Musikhochschulneubau und den sogenannten Kulturbau (Konzert- bzw. Kongresssaal) eingeplant. Sind diese Millionen wirklich noch für Münster abrufbar? Sie sind laut Ratsbeschluss vom 18.5.2022 Voraussetzung für die kommunale Mitfinanzierungszusage der Stadt.
In einem einstimmigen Beschluss plädieren die Kulturfachleute der Grünen für diesen politischen Schritt. Sie sehen eine zwingende Parallele zum Beschluss beim Stadthaus 4. Die Kostensteigerungen bei allen städtischen Bauvorhaben legen nahe, dass es sich beim Musik-Campus inzwischen um ein Projekt von mindestens einer halben Milliarde € handelt und möchten verhindern, dass auch hier Millionen bei einer Planung verschwendet werden, die bald obsolet sein könnte. Beim Stadthaus 4 sind bereits 8,5 Mio € in die Planung geflossen.
Die Verwaltung hat die Reißleine gezogen und dem Rat der Stadt ein Moratorium bis Ende 2024 für das Stadthaus 4 vorgeschlagen. Nach neuen Berechnungen würde das Bauprojekt Kosten von 115 Millionen € verursachen. Ursprünglich waren 56 Millionen € dafür vorgesehen. Die Verwaltung soll die kommenden Monate nutzen, um die bestehenden Bürobedarfe und Kapazitäten umfassend zu überprüfen und unter anderem das Potenzial für mehr home-office-Arbeitsplätze ausloten, so heißt es in einer Pressemitteilung der Stadt.
Der Bau des Vorzeigeprojekt Mathilde-Anneke-Gesamtschule verzögert sich nach vielen Pannen erneut. Ist es in seiner Komplexität für die Stadt vielleicht eine Nummer zu groß? Mehrkosten von 8,6 Mio. Euro werden von der Verwaltung veranschlagt. Geschätzte Gesamtkostenschätzung derzeit 78 Mio Euro.
Aber beim Musik-Campus wird so etwas nicht passieren. Ist ja nicht so komplex wie eine Gesamtschule.
Der Rat fordert die Verwaltung auf, Mitte 2023 über den Stand ihrer Bemühungen um weitere Finanzmittel zu informieren. Bis Mitte 2024 müssen Verwaltung und Uni zwei Drittel der 65 Mio Euro an Sponsoren- und Fördergeldern für den Musik-Campus eingesammelt haben.
Derweil bleibt den Musikakteur*innen nichts anderes übrig, als abzuwarten. Alternativen dürfen nicht ins Gespräch kommen, denn sie wären nach Meinung der Verwaltung förderschädlich bei der Beantragung von Mitteln. Das bedeutet für Musikhochschule, Westfälische Schule für Musik und das Sinfonieorchester: prekäre Raumsituation, und gesundheitsschädliches Proben im Theater. Temporäre Lösungen wären sicher noch schädlicher,. Nicht zum ersten Mal würde ein gutes Provisorium sich vielleicht als bessere Lösung herausstellen.
Die Initiative der freien Kulturszene Münster, moNOkultur e.V., hat sich in einer Stellungnahme klar gegen die Errichtung des Musik-Campus ausgesprochen. Sie führt vor allem drei Gründe an.
Wie alles kam, und wie es mit dem Musik-Campus weitergehen wird:
hier eine brillante und scharfsinnige Analyse von Michael Jung, der den Politikstil von Markus Lewe seit Jahren aus nächster Nähe beobachtet hat und in dieser Kolumne der Onlinezeitung RUMS charakterisiert.
Michael Jung (SPD) war bei der letzten Wahl Lewes direkter Gegenkandidat. Sein Text sollte Pflichtlektüre für alle münsterschen Kommunalpolitiker*innen sein. Sie müssen schließlich wissen, was sie tun.
Der Rat stimmt ab über den Änderungsantrag zur Beschlussvorlage des Oberbürgermeisters. Dieser hatte sich mit dem Satz:"Wer jetzt noch rationale Argumente gegen den Musik-Campus sucht, hat kein Herz" endgültig als Verwaltungschef der Stadt disqualifiziert. Stimmungsmache statt sachorientierter Entscheidung - das wird wenige überzeugen. Die Westfälischen Nachrichten mobilisieren zwar noch einmal alle untauglichen Argumente für das Projekt, können aber auch nicht verheimlichen, dass die Finanzierung alles andere als gesichert ist. Die 15 Punkte des Änderungsantrags sind laut Albert Wenzel (Grüne) ein "Realitätscheck". Der tut auch bitter not. Das Gespenst "Haushaltssicherung" erscheint bereits am Horizont. Und die ist für niemanden lustig, schon gar nicht für das Kulturleben der Stadt.