Stadtkultur Münster

Michael Jung (SPD) in RUMS zum MC

Der RUMS-Brief

Die Kolumne von Michael Jung | Was kommt nach der Ouvertüre?

Briefkopf Kolumnisten Jung

Münster, 6. Februar 2022

Guten Tag Joachim Harder,

eigentlich sollte der Rat in der kommenden Woche erneut einen Grundsatzbeschluss über den geplanten Musik-Campus fassen, dabei war erst vor kürzerer Zeit eine Vorlage mit dem Titel „Ouvertüre“ beschlossen worden. Das wird nun erstmal verschoben, weil den Ratsmitgliedern noch viele Fragen offen erscheinen. Da kann man nur sagen: Richtig so. Ich möchte Ihnen heute einmal einige grundsätzliche Fragen zu diesem Projekt anreißen.

Die zentrale Rolle für den städtischen Anteil am Musik-Campus spielt die Westfälische Schule für Musik, die trotz ihres Namens die städtische Musikschule ist. Sie ist derzeit im alten Naturkundemuseum an der Himmelreichallee untergebracht, also einem Gebäude, das für einen ganz anderen Zweck errichtet wurde. Dieses Schicksal teilt sie mit anderen städtischen Weiterbildungsinstitutionen wie zum Beispiel der Volkshochschule. Die Räume sind also nicht optimal, wenn auch zentral gelegen.

Seit Jahren wird also über eine neue Unterbringung diskutiert. Und so kam zum Beispiel auch früher schon der Hörster-Parkplatz ins Spiel. Wortreich beklagen die diversen Musik-Campus-Vorlagen der Stadt, auch die aktuelle, die Raumsituation der Musikschule. Schon 2019 war das Urteil der Verwaltung drastisch, aktuell heißt es: „unzureichend und zum Teil dysfunktional“. Beim Musik-Campus geht es also wesentlich um die Zukunft der städtischen Musikschule – erstaunlicherweise spielt dieser Aspekt in der Debatte aber nur eine untergeordnete Rolle. Werfen wir deswegen zuerst einen Blick auf diese Institution.

Gravierende strukturelle Konflikte

In Münster gibt es – historisch gewachsen – mehrere Musikschulen, und fünf davon werden von der Stadt gefördert. In den 1975 eingemeindeten Orten Wolbeck, Roxel, Nienberge und Albachten gibt es als Vereine organisierte Musikschulen, die von der Stadt im Jahr 2021 knapp 814.000 Euro erhielten. Diese Musikschulen bieten das ganze Repertoire von frühkindlicher Musikförderung bis zum Einzelunterricht und zur Ensemble-Arbeit mit professionellen Lehrkräften an, meistens in Räumlichkeiten vor Ort, etwa Schulen oder in Albachten im Haus der Begegnung.

Früher gab es zwischen diesen freien Trägern und der städtischen Musikschule gravierende strukturelle Konflikte. Doch seit man sich auf eine Finanzformel geeinigt hat, also eine transparentere Finanzierung, sind diese Konflikte weitgehend befriedet. Die „Westfälische Schule für Musik“ bietet heute Musikschulangebote für die übrige Stadt an. Diese Angebote umfassen ein weites Spektrum – von den „Musikzwergen“, einem Angebot für Kinder ab zwei Jahren, über die musikalische Grundausbildung bis hin zum Einzelunterricht.

Darüber hinaus ist die Institution auch im Rahmen von Projekten wie „Jedem Kind seine Stimme“ oder „Jedem Kind Instrument, Tanzen und Singen“ auch an Grundschulen tätig. Auch das kostet Geld. Insgesamt fallen für die Stadt für alle Musikschulen zusammen rund 6,4 Millionen Euro an Kosten an, dem stehen Einnahmen knapp 2,7 Millionen Euro (Teilnahmegebühren und Landeszuschüsse) gegenüber.

Mit einigen Sonderfaktoren ergibt sich für das laufende Haushaltsjahr also ein Haushaltsdefizit beziehungsweise Zuschussbedarf von knapp 4 Millionen Euro für den Musikschulunterricht in unserer Stadt. Davon profitieren derzeit rund 10.400 Menschen im Jahr, rund 3.200 bei den Musikschul-Vereinen und 7.200 bei der städtischen Musikschule.

Rein rechnerisch erhalten also die Teilnehmenden bei den Musikschul-Vereinen einen „Zuschuss“ in Höhe von 254 Euro pro Kopf von der Stadt, bei der städtischen Musikschule sind es 433 Euro. Der Unterschied kommt vor allem dadurch zustande, dass bei der städtischen Musikschule auch Kosten für das Gebäude an der Himmelreichallee eingerechnet sind sowie Verwaltungskosten. Die Musikschul-Vereine stemmen diese überwiegend ehrenamtlich.

Bielefeld fördert ein Drittel weniger

Alles in allem ist das eine ordentliche Förderung von musikalischer Bildung, die wenige andere Städte in dieser Größenordnung anbieten. Bielefeld zum Beispiel fördert bei ähnlicher Größe der Stadt die musikalische Bildung mit einem Drittel weniger. Auch in Münster lohnt ein genauerer Blick, wohin die Zuschüsse fließen: Die Kostendeckungsgrade, also das Verhältnis von Erlösen zu Kosten, sind naturgemäß innerhalb des Angebots unterschiedlich. So arbeiten Angebote für Gruppen mit der höchsten Deckung. Hier entsprechen die Erlöse den Kosten also noch am ehesten, denn den Kosten für eine Lehrkraft stehen mehrere Köpfe gegenüber, für die jeweils ein Beitrag hereinkommt.

Am höchsten ist der Zuschussbedarf beim Einzelunterricht. Angebote an Grundschulen also sind fast kein Zuschussgeschäft, weil es Kostenbeiträge und Landesmittel gibt. Bei genauer Betrachtung sind es sehr wenige Menschen, deren hochqualifizierte musikalische Fortbildung sehr hoch bezuschusst wird, während die Angebote für breitere Bevölkerungsgruppen (Musikzwerge, Früherziehung, Schulen) eher wenig bis keinen Zuschuss brauchen. Daneben bieten die Musikschulen Angebote, die über Unterricht hinausgehen wie Ensemble- und Chorarbeit und vieles mehr.

Mit diesem Wissen sollte man sich jetzt die Vorlage zum Musik-Campus noch einmal genauer ansehen. Laut dem Papier sollen knapp 60 Prozent des städtischen Anteils der Räume der Westfälischen Schule für Musik zur Verfügung stehen. Also sollte man ihr auch 60 Prozent der jährlichen Kosten zuordnen, die der Stadt für den Musik-Campus entstehen. Das wären bei 4,4 Millionen Euro Gesamtkosten mindestens 2,6 Millionen.

Dem stehen im Status quo, also mit dem Gebäude an der Himmelreichallee, Kosten von 0,9 Millionen gegenüber. Mit anderen Worten: Das Defizit der Musikschule würde mit den neuen Räumen um 1,7 Millionen Euro steigen – und anders als die Verwaltung glaube ich nicht, dass es dann bei identischen Personalkosten für das Programm bleiben würde, denn irgendwer müsste die neuen zusätzlichen Räume auch bespielen.

Man kann sich gut darüber streiten, ob der Musik-Campus jetzt teuer oder günstig ist. Fakt ist jedenfalls: Nimmt man nur die laufenden Gebäudekosten, die der Musik-Campus verursacht, kostet er für die Musikschule etwa so viel, wie die benachbarte Stadt Bielefeld insgesamt für ihre Schule für Musik und Kunst ausgibt – und zwar mit Personal- und Sachkosten. Der Zuschussbedarf der Musikschule würde um rund 50 Prozent steigen – und das nur für die neuen Räume, ohne dass sich daraus bereits neue Angebote ergeben würden. Die würden extra kosten.

Mehr Zentralität, mehr Repräsentativität

Die Gegenrechnung der Verwaltung sieht so aus: Wenn die Stadt Gebäude und Grundstück an der Himmelreichallee nicht mehr nutzt, spart sie Geld. Das würde den Haushalt entlasten. Den Wert des Grundstücks schätzt die Verwaltung auf 6 Millionen Euro. Die Stadt möchte es nicht verkaufen, sondern ein Erbbaurecht vergeben. Das bedeutet: Sie bleibt Eigentümerin, bekommt aber Jahr für Jahr eine Art Miete, einen Erbbauzins. Die Verwaltung rechnet mit 300.000 Euro pro Jahr. Fünf Prozent des Wertes. Das ist ein sportlicher Zinssatz. Es dürfte interessant werden, wer solche Erbbauzinsen zahlen will. In der Realität dürften die Einnahmen deutlich geringer liegen und damit auch die Haushaltsentlastung.

Darüber hinaus hätte ein Musik-Campus auch erhebliche Folgen für die inhaltliche Ausrichtung des Programms: Er würde mehr Zentralität und mehr Repräsentativität bedeuten. Zentralität hat aber Auswirkungen, denn sie bedeutet auch: Mehr Raum für Einzel- und Ensembleunterricht, mehr Spitzenförderung als Breitenförderung.

Für schulbezogene Angebote oder die Musikzwerge und die musikalische Grundbildung braucht man keine neuen Räume. Diese Angebote können dezentral und wohnortnah stattfinden. Insofern hätte ein Musik-Campus klar und eindeutig zur Folge: Die städtische Musikschularbeit fokussiert sich noch stärker auf die Spitze.

Das kann man wollen, dann man sollte es aber auch ehrlich sagen. Erstaunlicherweise wird allerdings in der bisherigen Debatte immer so getan, als gehe es hier nur um Raumbedarfe. Dabei lautet die Frage: Was für eine Musikschule wollen wir in Münster? Eine, die dezentral auch zum Beispiel in Coerde und Kinderhaus und Berg Fidel Kindern und Jugendlichen musikalische Angebote macht? Oder wollen wir schwerpunktmäßig Spitzentalente fördern?

Beides ist legitim und in der Sache eine Diskussion wert, aber man sollte die Zieldifferenz politisch klarmachen. In diesem Zusammenhang ist auffällig, dass die „Raumbedarfe“ der Musikschule stets als gesetzt gelten. Weder die aktuelle noch die älteren Vorlagen zum Musik-Campus geben irgendeinen Hinweis dazu, wie sich diese Bedarfe errechnen.

Breitenförderung oder Spitze?

Stattdessen liefert die aktuelle Vorlage eine irre Rechnung, die darlegen soll, wie man das Kunststück vollbracht habe, 18,5 Prozent Fläche einzusparen – 18,5 Prozent gegenüber einer früheren fiktiven Blaupause. An keiner Stelle aber legt die Verwaltung offen, für welche inhaltlichen Angebote die Musikschule eigentlich wie viel Platz braucht.

Die Leiterin fällt seit Amtsantritt im Jahr 2018 zwar durch extrem einseitige und wenig diskursive öffentliche Auftritte zugunsten des Projekts auf, aber wenig durch Fakten. Dabei wäre eine interessante Frage: Welche Musikschule brauchen wir? Eine für die Breitenförderung oder eine für die Spitze?

Und ist es angemessen, einen ohnehin im Vergleich zwischen den Kommunen schon sehr hohen Musikschul-Etat noch einmal um fast die Hälfte zu erhöhen? Welche Bevölkerungsgruppen profitieren davon und welche nicht? Welchen Stellenwert hat musikalische Bildung, auch im Vergleich zum Beispiel zu digitaler Bildung oder historisch-politischer?

Die Budgets dafür unterscheiden sich schon jetzt deutlich.

Nun geht es beim Musik-Campus auf der städtischen Seite nicht allein um die Musikschule, sondern auch um angemessene Proberäume für das Sinfonieorchester. Dessen bisher genutzte Räumlichkeiten entsprechen weder den arbeitsrechtlichen Anforderungen, noch sind sie überhaupt geeignet. Deswegen gab es auch in der Vergangenheit schon andere Ideen für eine Neuregelung, die auch in der aktuellen Vorlage eine Rolle spielen.

Wer spricht eigentlich von Anbau?

Werfen wir einen Blick auf die Zahlenspiele der Verwaltung. Die Verwaltung rechnet für den Fall, dass der Musik-Campus nicht gebaut wird, mit Investitionskosten von rund 40 Millionen Euro für Musikschule und Sinfonieorchester an anderer Stelle. Sie stehen den 100 Millionen für den städtischen Anteil am Campus gegenüber.

Dabei geht die Stadt ohne Weiteres davon aus, dass für die Musikschule ein Anbau an der Himmelreichallee nötig wäre, und rhetorisch legt man die Stirn sofort in Falten: Ob der Denkmalschutz das wohl zulassen würde?

Die eigentliche Frage wird aber gar nicht aufgeworfen: Wer spricht eigentlich von Anbau? In Münster werden immerhin 3.200 Schüler:innen in Musikschul-Vereinen unterrichtet – zum Teil von denselben Lehrkräften auf demselben Niveau –, ohne dass auch nur ein Raum dafür gebaut worden wäre. Auch viele Teilnehmer:innen der Angebote der Westfälischen Schule für Musik sehen das Gebäude an der Himmelreichallee nie, weil der Unterricht woanders stattfindet.

So stehen Raumbedarfe unhinterfragt in der Diskussion, die an keiner Stelle beziffert, begründet oder plausibilisiert werden. Es bleibt also eine geeignete Probebühne für das Sinfonieorchester übrig.

Hier ist daran zu erinnern, dass in der ursprünglichen Debatte auch der Hörster-Parkplatz eine Rolle spielte. Einer früheren Vorlage der Verwaltung aus dem Jahr 2014 zufolge – also bevor zwei Jahre später die Musik-Campus-Idee aufkam – hielt man den Standort für geeignet, wegen seiner Nähe zum Theater und seiner stadtzentralen Lage. Das sprach stark dafür, hier auch das Sinfonieorchester mit Räumlichkeiten zu versorgen, die zugleich auch Musikschule und Volkshochschule als Veranstaltungsräume hätten nutzen können.

Damals erschien es der Verwaltung plausibel, hier gemeinsame Unterrichtsräume für Volkshochschule und Musikschule zu errichten, weil es Synergieeffekte gebe. Synergieeffekte werden jetzt auch für den Musik-Campus betont. Allerdings ergeben sie sich nun aus dem Zusammenwirken von Stadt und Universität, nicht mehr aus der Kooperation von städtischen Institutionen.

Den Haushalt entlasten diese Pläne  daher nicht. Im Gegenteil, die Kosten sind jetzt fast vier Mal so hoch wie die für das Projekt am Hörster-Parkplatz, die die Verwaltung 2014 ermittelt hatte. Und ganz nebenbei ist aus der abgebrochenen Diskussion der Alternative auch eine Institution ganz aus der Debatte herausgefallen, nämlich die Volkshochschule.

Weiterbildung steht hintenan

Auch die Volkshochschule ist in Räumen untergebracht, die für andere Zwecke gebaut wurden (als Büros), und noch dazu hat sie durch den Bau der Gesamtschule Münster-Mitte zum Beispiel Vortrags- und Veranstaltungsräume verloren. 

Schon früh wurde klar: Anders als die Musik hat die Weiterbildung keine Lobby in Münster, obwohl an der Volkshochschule mehr als doppelt so viele Menschen Angebote belegen wie bei den Musikschulen zusammengenommen.

Deswegen hat die Stadt die Ideen für den Hörster-Parkplatz nie zu Ende geprüft. Man saniert die vorhandenen Räume der Volkshochschule. Kostenpunkt: 10 Millionen Euro. Diese Kosten müssten dem Musik-Campus noch aufaddiert werden, weil sie bei einem anderen Projektzuschnitt eben auch nicht angefallen wären. Die Hauptlehre für die Bildungspolitik in unserer Stadt aus dieser abgebrochenen Debatte aber ist: Weiterbildung, gerade nicht-akademische, steht hintenan.

Und damit sind wir bei der allgemeinen Frage der Finanzierbarkeit. Ich habe Ihnen vor einem Jahr an dieser Stelle schon einmal eine Analyse des städtischen Haushalts geschickt. Eines der Ergebnisse war: Die Stadt weist im Haushalt Investitionsvorhaben in einer finanziellen Größenordnung aus, die weit jenseits dessen sind, was fiskalpolitisch darstellbar und operativ umsetzbar ist.

Inzwischen belaufen sich die im Haushalt verankerten Absichtserklärungen („Verpflichtungsermächtigungen“) auf fast eine Milliarde Euro. Schaut man in den Jahresabschluss der Stadt für 2020, ergibt sich dort ein klares Bild: Gegenüber dem Haushaltsplanansatz für das Jahr wurden am Ende nur etwa 50 Prozent der vorgesehenen Investitionen auch umgesetzt.

Könnte die Stadt sich verheben?

Bevor Sie jetzt einwenden, das sei wegen Corona so gekommen – im Jahr 2019 waren es auch weniger als zwei Drittel der vorgesehenen Mittel, die abflossen. In Münster wird eben mehr geredet als gebaut. Oder anders formuliert: Die Kapazitäten der Stadt Münster reichten in den letzten Jahren für die Umsetzung eines Investitionsbudgets von 60 bis 70 Millionen Euro pro Jahr.

Das gibt einen Eindruck davon, wie lange es dauert, eine Milliarde Euro Planungskosten Realität werden zu lassen, und wie realistisch das ist. Und es gibt auch einen Eindruck davon, wie sich das Volumen des städtischen Anteils am Musik-Campus zu den übrigen Vorhaben der Stadt verhält. Es entspricht der kompletten Investitionstätigkeit der Stadt in knapp zwei Haushaltsjahren (gemessen am Jahresabschluss, nicht an den Haushaltsplanansätzen, die meist höher liegen). Eine Realisierung wird also erhebliche Folgen haben für andere Vorhaben. Man kann auch fragen, ob sich die Stadt an dem Projekt nicht verheben könnte.

Auch diese anderen Vorhaben sind politisch von hohem Gewicht und nicht einfach zu verschieben oder zu streichen: Es geht um Projekte wie das Preußenstadion (letzte Schätzung: 48 Millionen Euro) oder den bis 2026 fälligen Ausbau von sechs Gymnasien für die neunjährige Schulzeit, kurz: G9 (aktuelle Schätzung: 65 Millionen). Von einer dritten Gesamtschule war auch schon mal die Rede. Investitionssummen dafür sind noch gar in die Milliarde eingerechnet.

Ausweislich der Vorlage zum Musik-Campus ist die grüne Kämmerin der Stadt der Meinung, dass der Campus mit seinen 100 Millionen Investitionskosten und mindestens 4,4 Millionen jährlichen Betriebskosten im Haushalt zusätzlich zu alledem darstellbar ist.

Interessant wird es nach der Wahl

Als es aber letztes Jahr um Honorarkosten für Musikschullehrkräfte ging, da klang es noch ganz anders: Die Anhebung um 2 Prozent sei eine „für den Haushalt relevante Größenordnung“ – es waren 0,3 Millionen Euro in der mittelfristigen Planung und nicht einmal pro Jahr. Große Sorgen klangen damals durch. Offenbar müssen die Summen nur richtig groß sein und erst hinter vielen politischen Kurven liegen, dann werden die Sorgen kleiner.

Warum kommt also nun der Oberbürgermeister überhaupt auf den Rat zu mit einer neuen Vorlage für einen Grundsatzbeschluss zum Musikcampus? Die Vorlage mit dem Titel „Ouvertüre“ ist doch erst vor Kurzem beschlossen worden?

Auf dieser Grundlage wolle man nun 31,6 Millionen Fördermittel akquirieren, heißt es nun. Man denkt offensichtlich vor allem an Geld vom Land. Da aber stehen im Mai Landtagswahlen an – und niemand kann dort derzeit Zusagen für künftige Haushaltsbeschlüsse geben, weil niemand künftige Haushaltsmehrheiten im Landtag kennt.

Nur die bisherige wird es wohl nicht mehr sein. Seit Monaten sieht keine Umfrage eine Mehrheit für eine schwarz-gelbe Zweierkonstellation. Was bringt ein Gespräch und eine Zusage der Landesregierung jetzt für einen Teil der benötigten Summe?

Nichts, außer ein schönes Wahlkampfthema für die ansonsten inhaltlich ausgebrannte CDU. Interessant wird es deshalb erst nach der Landtagswahl. Erst dann wird klar, ob der Ouvertüre überhaupt noch ein erster Akt folgt.

Der Bund hat sich ja schon nach der Bundestagswahl in Person der scheidenden Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) mit einem prägnanten Tschüss aus der Musik-Campus-Debatte verabschiedet. Allenfalls regionale Bedeutung habe das Projekt, hieß da zum Abschied von Grütters. Nach der Wahl sieht man manches nüchterner, als wenn der Wahlkampf erst noch ins Haus steht. Der Rat der Stadt sollte das bedenken, wenn er über Lewes Vorlage berät.

Herzliche Grüße

Ihr Michael Jung

 
 

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Über den Autor

Michael Jung lebt schon immer in Münster. Er wurde 1976 hier geboren. Er hat an der Uni Münster Latein und Geschichte studiert und in Geschichte promoviert. Heute ist er Lehrer am Annette-Gymnasium in Münster. Michael Jung war viele Jahre in der Politik: Von 2013 bis 2020 war er Fraktionschef der SPD im Rat der Stadt, im Jahr 2020 trat er für die SPD bei den Kommunalwahlen als Oberbürgermeisterkandidat an.